Spoilerwarnung: Wenn ihr „Asterix und Obelix: Der Kampf der Häuptlinge“ noch nicht gesehen habt, holt das schnell nach und lest bitte nicht weiter, denn ich behandle immer die Titel in Gänze. Wenn euch interessiert, wie ich diesen Film bewerte, scrollt ganz an das Seitenende. Danke für Euer Verständnis und viel Spaß!

Bild 1: Direkt aus dem Comic: Asterix „paft“ den Römern auf die Mütze © Netflix

Intro:

Als Kind haben mich die Werke von Asterix und Obelix immer begleitet und auch im Alltag sind Referenzen zu „Pudding mit Arsen“, „Passierschein A38“, „Pfefferminzsoße“ und „Die spinnen doch, die …“ nicht mehr wegzudenken. In meiner Rolle als Vater und um Disney etwas auszuweichen, habe ich meine Töchter früh daran gewöhnt, dass es auch europäischen Zeichentrick gibt, der gut ist, deshalb führte kein Weg daran vorbei die alten Asterix-Filme mit ihnen anzusehen. „Asterix und Kleopatra“ ist der absolute Liebling dicht gefolgt von „Asterix erobert Rom“. Aufgrund des aufblühenden Interesses an Asterix habe ich dann auch die neuesten Iterationen des Franchises angesehen. Mich persönlich hat damals „Asterix und die Wikinger“ sowie alle Live-Action-Adaptationen nach „Mission Kleopatra“ sehr abgeschreckt und auch „Das Geheimnis des Zaubertranks“ an dem am Schluss (wie in Monkey Island 4 oder Batman Ninja) aus verschiedenen Materialien oder Personen ein riesiger Roboter/Gundam/Riese entsteht, der den Tag rettet, holte mich nicht zurück ins Boot. Erst als ich mit meiner Tochter an einem verregneten Tag „Im Land der Götter“ gesehen habe, verspürte ich wieder Lust auf das Asterix-Franchise. Perfekt kam im April 2025 dann die Serie „Asterix und Obelix: Der Kampf der Häuptlinge“ heraus. Mit 30-40 Minuten (28-30 ohne Abspann) à 5 Folgen ist es eine Serie, die gut mit Kindern oder generell mit der ganzen Familie über 2-3 „Sitzungen“ geschaut werden kann.

Handlung, Charaktere und Drehbuch:

Die Handlung basiert auf Band IV der Asterix-Comics und wurde teilweise im Film „Operation Hinkelstein“ bereits verarbeitet. An dieser Stelle muss ich einwerfen, dass ich „Operation Hinkelstein“, „In Amerika“ und „Die Wikinger“ die schlechtesten und unangenehmsten Asterix-Teile finde. Deshalb hat es mich sehr überrascht, dass bei dieser Serie der verrückte Miraculix teilweise ein Highlight für mich war. Er zusammen mit der neuen Figur Apoteka sind mir teilweise seit April im Kopf geblieben (ich schreibe das hier im Dezember 2025). Nicht nur Szenen sind mir im Kopf geblieben, sondern das ganze Paket. Ich kritisiere in heutigen Kinderfilmen oft, dass die Helden immer durch eine Deus Ex Machina oder durch die reine Existenz des Protagonisten ohne große Leistung gerettet werden. Beispiele sind da für mich meist Disneys Aladdin oder Hercules, in denen die Helden den Bösewicht austricksen mussten oder an Avatar die „Legende von Aang“ Staffel/Buch 3 in dem der Hauptcharakter etwas machen muss, dass selbst den Zuschauer erstaunt. Ich würde behaupten, dass das der Serie ebenfalls gelingt. Sie ist gut und schlau geschrieben und hält den Zuschauer nicht für dumm, was das Finale und wie es aufgebaut wird sehr befriedigend macht.
Der aufmerksame Leser hat wahrscheinlich auch bemerkt, dass die Serie (zumindest im Deutschen) nicht nur „Asterix…“ sondern „Asterix und Obelix…“ heißt. Während man in anderen Geschichten streiten kann, ob Obelix nun ebenfalls ein genauso wichtiger Hauptcharakter wie Asterix ist, ist er und seine Freundschaft zu Asterix essentiell für die Handlung. So wird zum Beispiel Obelix Fall in den Zaubertranktopf als Mini-„Origin-Story“ bedient aber dient auch in einer späteren Folge als wichtiges Handlungselement bezüglich der Geheimzutat, die die Gallier benötigen, um den Zaubertrank zu brauen.

Bild 2: Die Geheimzutat für den Zaubertrank © Netflix


Neben den üblichen Figuren (Asterix, Obelix, Miraculix, Majestix, Cäsar) gibt es neue Charaktere die sowohl Wortspiel-technisch als auch von Ihren Eigenschaften in unsere heutige Zeit passen und der Serie einen modernen Ankerpunkt geben. Namen wie Fastanfurius, Twinpix, Netflix und Metadata sind kleine Schmunzler wert und Metadata wird zum Beispiel von Cäsar mehrmals falsch als Wikipedia oder BigPharma bezeichnet.
Sowohl sie als auch Fastanfurius sind stimmige und gute Ergänzungen im Asterix-Kosmos, und vor allem Metadata macht als Römerin, die für die Handlung relevant ist, einen wichtigen Kritikpunkt der Reihe passé. Eine weitere Figur, die anfangs nur als Comic Relief dient, wird ebenfalls plötzlich extrem wichtig, denn ähnlich wie der Hund bei „The Mitchells vs. the Machines“ wird Cäsars Mutter von einer Witzvorlage zu einem Schlüsselmoment der Handlung.

Cinematographie und Editing:

Die 3D-Animation der Serie ist wirklich sehr gut und steht großen Häusern wie Disney, Illumination und Dreamworks nicht nach. Insbesondere die oben bereits erwähnten Szenen mit dem verrückten Miraculix sind besonders einprägsam und zeigen die Kreativität der Animateure. In diesen Szenen ist auch ein Knetmännchen-Miraculix, der mit der Sonne tanzt (Bild 4), Asterix der als Storyboard-Zeichnung (Bild 5) spricht oder eine James-Bond Sequenz (Bild 3) normal. Die Serie hat aber dennoch einen eigenen Animationsstil der sich in die bisherigen 3D-Abenteuer einreiht. Visuelle Gags und Onomatopoesie (Lautmalerei) wie „Paff“ oder „Peng“ wie im Comic sind daher auch vorhanden und bringen eine nostalgische Note (Bild 1).

Bild 3: Miraculix in einer James Bond-Sequenz © Netflix

Ich war auch etwas erstaunt zu sehen, dass die Serie nicht von Dreamwall (Asterix im Land der Götter, Yakari 3D, Schlümpfe 3D Serie, Belfort und Lupin) oder Mikros Animation (Asterix im Land der Götter, Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks, Captain Underpants, Orion und das Dunkle) sondern von Studio TAT, einem relativ unbekannten Animationsstudio, gemacht wurde. Somit wurden drei verschiedene Asterix-Projekte von drei verschiedenen Animationsstudios animiert und ich denke, durch die kleinen Details, die hier und da untergebracht werden, wird jeder seinen Liebling haben. Ich für meinen Teil habe mich gewundert, warum es nicht schon früher so gemacht wurde. Das Serienformat passt hervorragend als Konsumbeschränkung für Kinder als auch zur Erzählstruktur und den detailreichen Umfang der Handlungen. Ganz besonders gut hat mir auch die Aufteilung der Folgen gefallen. In jeder Folge gibt es einen Aufhänger, der einen die nächste Folge schauen lassen möchte. In Folge 4 (der vorletzten Folge) endet die Episode damit, dass die Bösen gewinnen, was es meiner Tochter (wahrscheinlich nicht nur ihr) schwer gemacht hat nicht noch die nächste Folge schauen zu dürfen.

Bild 4: Miraculix tanzt mit der Sonne und sucht Bäumchen © Netflix

Auch wer nur die alten Asterix-Teile kennt wird überrascht sein wie viel Dynamik es in der Kamera und den Einstellungen gibt. Match Cuts, Close-ups, Vogelperspektive, Froschperspektive, Slow Motion, Establishing Shots, Blocking, Staging und Split Screens finden Anwendung und werden benutzt, um die Handlung flüssig und visuell spannend zu erzählen.

Bild 5: Miraculix erkennt Asterix als Storyboard wieder © Netflix

Emotionen:

Hier wird es für mich schwierig, denn „Asterix und Obelix: Der Kampf der Häuptlinge“ ist von der Handlung her stimmig und auch die Art der Erzählung macht es zu einer technisch-gelungenen erzählten Geschichte. Ich würde soweit gehen und behaupten gesamt-technisch ist es bisher das beste Asterix-Werk außerhalb eines Comics. Auch wie meine Tochter konnte ich nach Folge 4 nicht aufhören zu schauen und wollte wissen, wie die Serie ausgeht und ich habe einfach vollsten Respekt, dass eine Variation einer Geschichte, die ich vorhin absolut nicht mochte nun mein Lieblingsaspekt der Neuauflage ist. Dennoch auch wenn alles vorne und hinten passt, fehlt mir die Meta-Ebene des sozial-politischen Bisses. Klar gibt es hier und da ein paar Spitzen aber nichts kommt an einen „Passierschein A38“ oder an die Erklärung von Tourismus und Preisbildung aus „Asterix im Land der Götter“ heran, weswegen mir dieser Aspekt einfach gefehlt hat.

Bild 6: Die klassische Endszene? © Netflix

Zusammenfassung Besonderheiten/Auffälligkeiten:

  • Sehr gute Animation und kreativer Einsatz von verschiedenen Animationstechniken
  • Spaß für die ganze Familie und möglich in Häppchen zu genießen (5 Folgen á ca. 30min)
  • Meiner Meinung nach gesamt-technisch bisher das beste Asterix-Werk außerhalb eines Comics
  • sozial-politische Meta-Ebene ist zu schwach aber auch nicht der Fokus

Sonstiges:

  • Nach der eigentlichen Serie gibt es als Midcredit-Überraschung einen 2d-animierten Kurzfilm
  • Kristoff Serrand hat die Story Board Szene gezeichnet
  • Alain Chabait, der Co-Regisseur, Co-Drehbuchautor und franz. Synchronsprecher von Asterix hat auch das Drehbuch zu Mission Kleopatra geschrieben und dort Regie geführt

Bewertung:
8 von 10
psychedelischen Animationssequenzen
🧉🧉🧉🧉🧉🧉🧉🧉/🍄🍄