Am heutigen Schmeiß-zurück-Samstag habe ich mir „Koperkinus“ ausgesucht, da es einfach kafkaesk und schwachsinnig ist. Ich habe mich schon oft gefragt, wie es wohl wäre, wenn man das ganze Universum verstehen würde. Was wäre, wenn es trotz alledem keinen Sinn ergeben würde? Andersherum male ich mich mir manchmal aus, dass irgendwo ein Allwissendes Wesen sitzt und sich fragt, was jeder Einzelne von uns tut. Vermutlich ist es so wie früher im Mathematikunterricht. Man löst in aller Ruhe seine Aufgaben und plötzlich schlendert der Lehrer vorbei, blickt einem über die Schulter, schüttelt den Kopf und geht weiter.
Brrrrr….Brrrrr.
Meine Hosentasche vibriert. Es ist natürlich das verflixte Mobiltelefon. Gerade als mein Lieblingslied kommt, muss mich wieder jemand anrufen. Das ist so typisch. Ich warte einfach bis es aufhört, denn ich stehe gerade in einem ziemlich vollen Bus. Wenn ich nämlich jetzt nach meinem Handy greife, dann muss ich an einem verschwitzten Hemdrücken und einem attraktiven Hintern vorbeigreifen ohne diese zu berühren. Och, hör doch auf zu klingeln! Ich war damals in Dr. Bibber schon scheiße und wenn ich weder eine Rohrzange aus dem Nierenbecken herausoperiert bekomme, wie soll ich dann das schaffen? Okay, es vibriert immer stärker. Vielleicht komm ich ja doch vorbei. Mal abwägen… Also der Rücken ist zwar eklig, aber wenn ich jetzt die Stange loslasse und geradewegs meinen Arm hinunterstrecke, dann sollte das klappen. Na schön nun zum Hintern. Ah kacke, sie hat genau in dem Moment geschaut, als ich ihr auf den Hintern geklotzt habe. Jetzt guckt sie auch noch böse, weil mein Handy so laut vibriert. Egal also los. Arm runter und…
Verdammt. Ich habe den kompletten Schweiß vom Hemd nach unten in die Hose des Typen gedrückt. Er sieht aus, als ob er sich eingenässt hätte, aber er scheint nichts bemerkt zu haben. Halbzeit. Durchatmen konzentrieren und zu Station zwei. Langsam, sachte. Scheiße, berührt.
Uff, eine Ohrfeige war das wirklich nicht wert. Ja ist ja gut, ich lass meine Hände bei mir. Greif‘ ich halt wieder nach der Stange und lass das doofe Gerät klingeln. Moment mal, du schlauer Fuchs, du. Nach einer Minute übernimmt ja sowieso die Mailbox. Hmmm, das ist aber jetzt schon länger als eine Minute. Ich streck mal meinen Kopf zur Seite und stehe auf Zehenspitzen, damit ich auf meine Uhr schauen kann. Nein, ich schau dir nicht wieder auf deinen Arsch, ich schaue auf meine Uhr du blöde Ziege. Beachte meine Augen, die gucken dich nun auch böse an und alle paar Sekunden auf die Uhr und NICHT auf deinen Arsch. Das kann nicht sein, es ist jetzt schon eine Minute vergangen seitdem ich auf die Uhr schaue und mein Handy vibriert immer noch. Wird es sogar lauter? Ach was soll’s, ich riskiere es nochmal.
Wie ist das denn möglich? Ich habe schon wieder den Arsch von der Tussi gestreift. Okay, dieses Mal zeige ich ihr mein Handy, damit sie weiß was ich wollte und dass das nur ein Versehen war. Boah, ich will nicht deine bekackte Nummer. Na gut, dann schreib sie halt in die Notizen. Also wer zur Hölle ruft mich an? Wer hätte es gedacht. Eine Unbekannte Nummer. Das sind bestimmt die Penner von Debitel und wollen mir eine Treueabo für irgendein Kack-Start-Up Unternehmen andrehen. Warum kann ich denn den Anruf nicht ablehnen? Vielleicht muss ich einen anderen Finger als meinen Daumen benutzen. Okay ich muss etwas ausholen. Ich drücke jemand hinter mir einfach ganz sanft meinen Ellenbogen in die Rippen. So schnell umdrehen und entschuldigen. Noch so ein Blick der töten könnte. Hoffentlich ist es das Spektakel wert. Ich schau mal in die Anrufdetails. Bitte was?
“Das Universum ruft an”. Was mach ich denn jetzt? Damit rechnet ja wohl keiner. Mir gehen gerade tausende Fragen durch den Kopf. Was ist der Sinn des Lebens? Wie alt werde ich? Treffe ich irgendwann die perfekte Partnerin? Ach was, vielleicht ist es auch einfach nur ein Streich. Ganz cool bleiben, aber wenn es wirklich das Universum ist, dann könnte es alle Probleme lösen. Was machen ich denn jetzt? Alle gucken schon wieder so genervt und verurteilend. Man ich hab Angst. Scheiß drauf ich geh jetzt ran.
Ich führe mein Handy langsam zum Ohr und antworte: >>Hallo?<<
Es rauscht.
>>Was ist mein Sinn? Was passiert mit mir? Wann werde ich sterben?<<
Es rauscht weiter.
>> Es tut mir leid. Wirklich alles was ich bisher falsch gemacht habe, es tut mir unfassbar leid. Ich bin doch nur ein Mensch. Ich mach nun mal Fehler. Bitte bestrafe mich nicht.<<
Das Rauschen wird stärker.
>>Ich mache alles was du willst!<<
Das Rauschen verstummt und eine tiefe kratzige Stimme schreit dich an:
>>Wie bist du denn drauf? <<
Das Telefonat ist vorbei und alle im Bus starren mich komisch an, aber ich fühle mich gut.
Text: Daniel Engel (ZeBlog)
Illustration: Daniel Engel (ZeBlog)