Willkommen zur x-Minuten Kritik zum Film „Dumb Money“. Viel Spaß!
Handlung:
Die Handlung von „Dumb Money“ basiert auf der Geschichte wie einige „dumb moneys“ – so nennt man amateurhafte Privatinvestoren, die an die Börse gehen – gegen große Hedgefonds antreten und diese „in die Knie zwingen“. Das alles wird anhand der Geschichten des Reddit-Users „DeepFuckingValue“, der mit bürgerlichem Namen Keith Gill heißt, einer alleinerziehenden Krankenschwester namens Jenny, zwei Studentinnen Riri und Harmony sowie dem Gamestop-Angestellten Marcos auf der einen Seite und den Hedgefondmanagern Gabe Plotkin, Ken Griffin, Steve Cohen als auch dem CEO von „Robinhood“ Vlad Tenev auf der anderen Seite des Aktienmarktes erzählt. Das Skript basiert auf dem Buch „The Antisocial Network: The GameStop Short Squeeze and the Ragtag Group of Amateur Traders That Brought Wall Street to Its Knees“ von Ben Mezrich, dessen anderer Roman als Drehbuchvorlage für David Finchers „The Special Network“ diente.
Der Film beginnt tatsächlich mit einem fragwürdigen Aufsetzer (hook), der den Klimax aus dem Film vorwegnimmt und eins zu eins Szenen aus dem späteren Film verwendet in dem einige Personen „Scheiße“, „Fuck“ oder Hier-anderes-Wort-zur-Äußerungen-der-perplexen-Verwunderung sagen. Nun kann man natürlich diskutieren, ob das so schlimm ist, da der Film auf einer wahren Begebenheit beruht und einige Personen dieses Szenario im echten Leben sowieso mitverfolgt haben, aber ich persönlich finde, dass eine Geschichte immer aus einem Standpunkt erzählt werden sollte, in dem man annimmt, dass der „Erleber der Geschichte“ von null anfängt. Daher war mir persönlich der Anfang zu plump und hat mich auch nicht wirklich neugierig gemacht auf mehr. Zusätzlich kannte ich ja nun bereits den hook und würde behaupten, dass man selbst als „casual Filmgucker“ schon ziemlich leicht erraten kann, wie der Film, bis zur Szene bei dem der hook vorweggenommen wurde, verlaufen wird.
Trotz des hooks, sind die ersten zwei Akte des Films solide. Sie werden mit einer strukturierten Abfolge und einem Wechsel zwischen den Charakteren und deren Welt erzählt. Das Geschehen plätschert aber bis zum ersten Spannungshöhepunkt einfach so dahin.
Der Film erklärt oberflächlich mit Fachtermen, was so ungefähr passiert aber man erfährt irgendwie nicht welche Mechanismen nun dazu geführt haben, dass das Phänomen im Film bzw. in der echten Welt zustande kommen konnte. Hier hätten zwei bis drei Sätze im Film/Skript völlig ausgereicht, um den Zuschauer laienhaft zu erklären, wie genau der Verlust/der Gewinn der Beteiligten funktioniert. Der Film hatte aber genug Tiefe um Anregungen zu schaffen, dass ich mich damit ein wenig mehr beschäftige und daher habe ich hier für euch auch die laienhafte Erklärung (die mir gefehlt hat):
Die Game-Stop-Aktie sank bis zum Jahr 2019 immens und die Hedgefondmanager spekulierten mit Leerkäufen, dass diese weiter sinken würde. Bei Leerkäufen leiht man Aktien für einen Betrag X, hofft, dass der Aktienwert sinkt, sodass man die Aktien für weniger einkaufen kann (X-Y) und diese dann für den Wert X zurückgeben kann, wodurch der Gewinn Y entsteht. Da Keith Gill alias „DeepFuckingValue“ aber in Livestreams anmerkte, dass die Game-Stop-Aktie unterbewertet wird, er kontinuierliches schwaches Wachstum sieht und ca. 53.000$ investiert hat, folgten ihm viele Privatanleger das ebenfalls zu tun, wodurch der Aktienkurs stieg und die Hedgefonds an den Leerkäufen Verlustgeschäfte in Milliardenhöhe machten.
Gar nicht so kompliziert eigentlich?
Was ebenfalls nur oberflächlich behandelt wurde aber weitaus komplexer ist, war die Auslegung des ganzen Phänomens, weshalb Gill vor dem amerikanischen Ausschuss „House Financial Services Committee“ aussagen musste, um darzulegen, ob er soziale Netzwerke benutzt hat, um den Markt zu beeinflussen.
Das ist der zweite Klimax im Film und gelingt viel besser, da dieser nicht vorher mit Szenen vorweggenommen wurde und es generell unklar ist welche Folgen für alle Beteiligten sich daraus ergeben.
Am Schluss wird nochmal zusammengefasst, wie die jeweiligen Charaktere nach dem Prozess finanziell und auch juristisch dastehen. Leider geschieht das nicht durch gefilmte Szenen, sondern hauptsächlich durch eingeblendeten Text. Meiner Meinung nach verpasst hier der Film auch eine enorme Chance zu zeigen, was der Aktienmarkt mit einem Privatanleger machen kann. Obwohl der Film unterschwellig das Narativ hat, dass die armen, kleinen „dumb moneys“ trotz immenser Bemühungen nur gegen die mächtigen Hedgefondmanager verlieren können, zeigt er nicht wie die Milliardenhilfe, die sich die Hedgefonds gegenseitig zugespielt haben, das Schicksal tausender Menschen zerstört hat. Wahrscheinlich hat das aber nicht in den fluffigen, plätschernden Ansatz gepasst, dass der Film als „comedy-drama“ produziert werden sollte. Ich finde jedoch, dass dieses Detail dem Film nochmal eine starke Note gegeben und ihn prägnanter gemacht hätte.
Cinematographie und Editing:
Die Cinematographie ist solide, bietet hier und da ein paar visuelle Gags und erledigt das, was nötig ist, um einen Film einen Film nennen zu dürfen. Besonders schön fand ich jedoch den Fokus auf die Handybildschirme, wenn Charaktere Transaktionen tätigten oder mit sich gehadert haben Aktien zu verkaufen/kaufen. Ebenfalls erfrischend und passend für diesen Film war die Implementierung von Tiktok-Videos, Redditposts und Memes, die das Chaos des Subreddits „WallStreetBets“ und im Internet zu diesem Thema visuell ohne große Exposition vermittelt haben.
Während ich die Cinematographie als durchschnittlich empfand, nahm ich das Editing als störend war. Wie oben bereits geschrieben, ist der hook meines Erachtens am Anfang des Films einfach zu lahm und zerstört den Spannungsaufbau. Außerdem wird manchmal auch zwischen den Charakteren hin-und-her gesprungen obwohl ein Prozess im Gange ist. Das fühlte sich für mich so an, als ob etwas künstlich beschleunigt bzw. dynamischer gemacht werden sollte. Auf jeden Fall habe ich darin keinen Sinn gesehen und es hat mich aus dem Fluss des Takes/Films gerissen.
Sound und Soundtrack:
Ich habe den Film über einen Streaminganbieter gesehen und muss sagen, dass die Soundmischung nicht ganz optimal war. Teilweise war die Musik viel zu laut und die Gespräche viel zu leise.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das eine subjektive Kritik von mir an die Welt da draußen ist, und um das zu untermauern, sage ich, dass ich die Musik im Film unteriridisch schrecklich fand. Beschämender Weise wusste ich, dass das Lied WAP (Wet Ass Pussy) existiert aber nun wurde ich durch „Dumb Money“ gezwungen es zu hören. Musikgeschmack hin oder her: kann mir vielleicht jemand sagen, warum ein Charakter zu dieser Musik in ein anderes Gebäude rennen muss?
Ah, vielleicht ist es ja weil pussy mehrdeutig ist und zum Youtube-Accountname „Roaring Kitty“ von Keith Gill passt, dann wäre „yeah, you dealing with some wet ass pussy“ eine Art Kampfschrei gegen die Mächtigen der Wallstreet. Das sollte ich mal recherchieren….
Okay, man hat das (G)Lied nur gewählt, weil es mit TikTok und der Covid-Pandemie in Verbindung gebracht wird. Achja und es ist edgy. Wie ein echter Hedgefondmanager.
Die anderen zwei Musiktitel wurden auch nach diesem Schema ausgewählt und sind nicht wirklich besser oder passender.
Der restliche Soundtrack ist nicht bemerkbar und laut vielen Menschen und Meinungen daher gut.
Emotionen:
Obwohl oder gerade weil „Dumb money“ in vielen Punkten durchschnittlich ist, gelingt es ihm Richtung Ende hin auch ein paar Emotionen herauszukitzeln. Als Keith vor dem Ausschuss aussagen muss, ist man schon gespannt was passiert und wie nun für ihn und seine Familie alles ausgehen wird. Dasselbe gilt auch für die restlichen Charaktere, die porträtiert wurden. Man freut sich für einige und ist etwas enttäuscht, dass manche Charaktere nicht so viel gewonnen haben, wie sie verdient hätten.
Einer der wichtigsten Aussagen für mich im Film war aber der Text vor dem Abspann, der klarstellt, dass obwohl sich die Hedgefondmanager gegenseitig geholfen haben (Hilfspaket von 3 Milliarden Dollar), damit die Leerkäufe nicht so gravierend ausfallen, dass alle Anklagen gegen diese fallen gelassen worden sind. Das rüttelt eine gewisse Unfairness in einem wach und zeigt, dass im echten Leben nicht alle das bekommen, was sie verdienen. Wie oben erwähnt hätte man an diesen Punkt anknöpfen können und den Zuschauern zeigen können, was diese einfache „Geste“ für viele Menschen bedeutet hat.
Zusammenfassung Besonderheiten/Auffälligkeiten:
- Memes und Redditposts in Form von kleinen Montagen im Film gezeigt
- Katastrophal schlechte Soundtrackwahl
- Fokus auf Internetseiten und Handybildschirme
Sonstiges:
Ich habe selten einen Film gesehen, der auf echten Begebenheiten basiert in dem der Schauspieler (Paul Dano) nerdiger aussieht als der echte Charakter (Keith Gill).
Bewertung:
6 von 10 nackten Penes im Gewitter
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