Meditationsübung #1
Hallo und willkommen beim Meditieren mit einer Waschmaschine im Hintergrund. Wir entspannen uns, in dem wir auf den Boden liegen und unsere Augen schließen. Wir folgen einer sanften Stimme in ein helles Licht. Nun atmen wir tief ein und erfühlen den Untergrund mit unseren Schulterblättern. Wir liegen auf einer angenehm weichen Wiese, die ebenmäßig geschnitten ist und von kleinen Blumen geschmückt wird. Die warme Sonne streichelt unsere Wangen und erwärmt unsere Haut. Das gleisende Licht kribbelt und durch dessen Ablenkung ignorieren wir die Waschmaschine im Hintergrund. Wir sind nun frei. Unsere Welt ist diese Wiese. Unser Geist ist diese Wiese. Wir sind diese Wiese.
Als Wiese schwingen wir in der leichten Brise des Windes mit und atmen im Rhythmus des Windes ein und wieder aus. Wir befreien uns von all dem Hass, Wut und Schmerz, den wir für die alte Welt empfunden haben und lassen ihn los. Er fliegt gen Himmel und verschwindet im unendlichen Blau des Horizonts. Wir atmen nun in einem langsameren Rhythmus und schmeißen uns zurück!
Der heutige „Schmeiß-zurück-Samstag“-Artikel ist eine Geschichte über die Entscheidung ob Jesus sich für die Menschheit opfern oder er seine Macht missbrauchen sollte. Der ursprüngliche Beitrag trug damals den passenden Namen „Almosen für die Armlosen ohne Hosen neben den Rosen bei den Dosen“. Ich habe mich für diesen Beitrag entschieden, weil er einem Hoffnung für die Menschheit macht, und in einer Zeit in dem viele vergessen haben oder einfach nicht mehr interessiert, was es bedeutet Mensch zu sein, ist dieser Beitrag, auch wenn er ungelesen bleibt, wichtig. Außerdem Shakespeare und Philosophie und so… Also viel Spaß!
Polonius und der Fremde
Es war ein kalter Tag in der Nähe des Sees Genezareth. Der Obdachlose Polonius fühlte sich trotzdem als erführe er einen Fieberschub. Er war oft krank, denn bescheiden wie er war, wohnte er in einem Fass an der Straße. Daher besaß er auch nicht viel nebst seinem Fass, aber was er besaß reichte ihm aus. Er war Träger vieler Tugenden und dennoch konnte er nichts dagegen tun des Öfteren spöttisch und zynisch zu sein. Seine Tat jeden Bürger und jedes Lebewesen, das vorbeikam, zu grüßen, wurde daher von den meisten Menschen nicht ernst genommen. Ganz im Gegenteil, sie fühlten sich erniedrigt und dieses Gefühl wurde auch nicht besser aufgefasst, als Polonius anfing die Pflastersteine zu grüßen. Doch er konnte es einfach nicht einsehen, warum es mehr Sinn ergeben sollte Menschen zu grüßen, die weniger Ausdruck als manch Geröll hatte, aber dafür keine Pflastersteine. Nach einer Zeit gab er ihnen Namen. Der hinten an der rechten Seite Richtung Abflussschacht hieß Caephalus. Der, der vor ihm mittig etwas dunkler und dreckiger war, hieß Porus. Sein Lieblingsstein, der etwas gewölbt war, weil ein bestimmter Wassertropfen, der aus einer undichten Regenrinne immer auf die gleiche Stelle tropfte, hatte keinen Namen. Aus dem simplen Grund, dass er zu viel Ehrfurcht vor diesem hatte und ebenfalls dachte, dass es diesem Stein sowieso egal wäre, dass man ihn benennen würde.
Polonius wäre auch gerne ein Stein gewesen. Ein größeres Ganzes in einer Struktur, die jedem dient und jedem ersichtlich ist. Das Leben ist zu kompliziert, das es jedem ersichtlich wäre und selbst, wenn man es durchschaut hat, dann dient es auch nicht jedem. Er kratzte sich am Kopf und grüßte anschließend einen Fremden, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Dieser blieb stehen und fragte Polonius warum er so fröhlich sei.
>> Ach wisst Ihr Fremder, ich hatte einst ein anderes Leben. Ich war ein Schüler und studierte viel über die Essenz der Menschheit. Doch es reichte mir nicht, was ich lernte. Die Antworten, die ich erhielt, warfen immer mehr Fragen auf und ich verstand, dass eine einzige Antwort in der Lage war, unendlich viele Fragen mitsichzubringen. Doch, als ich am Rande meines Verstands schwankte, stieß ich auf Diogenes. Ein Mann, der in einem Fass lebte und den Menschen zeigte wie unsinnig alles ist. Ein Huhn als Krönung der Schöpfung, versteht Ihr Fremder? <<
>> Weißt du, ich bin in gewisser Maßen ebenfalls im Zuge der Menschheit zu zeigen, wie unsinnig alles ist. <<
>> Bist du dir sicher, dass du das auch möchtest? Es ist ein großes Unterfangen und eine große Bürde, müsst Ihr wissen. <<, versicherte Polonius ernst.
>> Was sagst du da? Wenn ich die Wahrheit zeige und die Leute sehen, was ich bin und was sie sind, dann lege ich Niemandem eine Bürde auf, sondern erlöse die Menschheit doch von den Lügen. <<
>> Glaub mir, nach all den Jahren hier draußen in diesem Fass und unter den Leuten, habe ich eines gelernt: Wenn du das Wirkliche parodierst und du gut genug bist, dann merkt niemand deine Falschheit. Lass dir aber gesagt sein, dass wenn du eine Unreinheit zu unrein zeigst, sie niemand säubern möchte. Deshalb musst du genau überlegen wie du die Wahrheit paraphrasierst um die Menschen das glauben zu lassen, was sie glauben wollen. Denn nur wenn der Mensch die Lüge als Wahrheit erfährt, traut er ihr. Erst wenn die Zeit reif ist, dann halte der Welt ein klares und kein verzerrtes Spiegelbild vor. Sie werden zwar trotz all der vorsichtigen Bemühungen erst ihr Spiegelbild wie wilde Tiere jagen, doch sobald sie erkennen, was sie vor sich haben, werden sie sich bessern. Sie werden sich ändern. Nicht alle aber viele. Die Bürde ist es diesen Vorgang zu ertragen. Auch ein großes Opfer wird nicht sofort erkannt. Verstehst du das Fremder? <<
>> Ich danke dir Polonius. Ich weiß nun, dass es diese Bürde zu tragen gilt und dass ich weder der Erste noch der Letzte sein werde, der das tun muss. Es fällt mir nun etwas leichter, dennoch muss ich darüber nachdenken.<<
>> Nichts zu danken und vergiss nicht, dass jemand diese Bürde tragen muss.<<
Der Fremde verabschiedete sich und Polonius tat es ihm gleich.
Er kratze sich erneut am Hinterkopf und schien den vorherigen Gedanken wieder hineingekratzt zu haben: Ein kleineres Teil, das einem größeren Bedeutung verleiht. Vielleicht wird er das irgendwann sein. Ein Stein der Leben verändern wird.
Text: Daniel Engel (ZeBlog)
Illustration: Daniel Engel (ZeBlog)